Zuletzt aktualisiert am 18. Oktober 2020 von Rechtsanwalt Nico Werdermann
Inhalt
Abofalle – der ungewollte Vertragsschluss
Anbieter von sogenannten Abofallen locken das Opfer mit kostenlosen oder sehr günstigen Einstiegsangeboten in den Vertrag. Unter einem Vorwand werden persönliche Daten oder Zahlungsdaten (Kontonummer für Lastschrift, Kreditkarte) abgefragt. Irgendwo im Kleingedruckten steht dann, dass der Vertrag sich über einen längeren Zeitraum erstreckt und auch noch wesentlich teurer als das Einstiegsangebot ist.
Nach Meinung der Betreiber kommt der Vertrag mit diesen Bedingungen zustande und der Verbraucher kommt nicht vorzeitig aus dem Vertrag.
Das sind die Tricks der Abofallen:
- Kostenlose Anmeldung
- Kostenlose Testphase
- Testphase für 1 €
- Abfrage der Bankverbindung unter einem Vorwand
- Automatische Vertragsverlängerung
- Vertragsverlängerung in den AGB versteckt
- Zwei Wochen Probe muss nach einer Woche gekündigt werden
- Abbuchung erst nach Ablauf der Kündigungsfrist
- Einsatz von Animateuren
- Einsatz von Chat-Bots
- Versteckte Kontaktdaten des Anbieters
- Angeblich erloschenes Widerrufsrecht
- Überzogene Wertersatzansprüche
- Übertriebene Mahngebühren
- Kündigungen nur per Brief akzeptiert
- Keine Reaktion auf Kündigungen
- Einschaltung von Inkassounternehmen
Das Problem
Gehen Kündigung oder Widerruf nicht form- und fristgerecht bei den Portalen ein, verlängert sich der Vertrag automatisch um weitere sechs oder gar neun Monate mit monatlichen Kosten in Höhe von ca. 89,90 EUR. Viele Nutzer merken dies zunächst nicht, sondern erst, nachdem erstmals die 89,90 EUR von ihrem Konto abgebucht worden sind. Dann ist es aber laut AGB bereits zu spät für eine Kündigung.
Dieser Betrag wird immer wieder von dem Bankkonto des Nutzers abgebucht. Wer die Beträge zurückbuchen lässt, bekommt kurze Zeit später Post von Inkassounternehmen. Eines davon ist beispielsweise die Jedermann Inkasso GmbH oder die EuroTreuhand Inkasso GmbH, die Forderungen der D.I.E. GmbH geltend machen. Ein anderes Unternehmen, das als Inkassounternehmen tätig wird, ist die Fairmount GmbH. In den Schreiben werden oft Mahngebühren und weitere Kosten geltend gemacht, sodass sich die 89,90 EUR zu mehr als 166,00 EUR aufbauen können. Andere Portale schalten gleich Rechtsanwaltskanzleien ein, wie die Kanzlei Auer Witte Thiel, die Forderungen für verschiedene Flirtportalbetreiber einfordern.
Doch auch vor der Übertragung an Inkasso-Unternehmen versuchen Unternehmen ihre Forderungen selbst geltend zu machen. So werden Nutzer von „INKASSO Dateformore“ per E-Mail angeschrieben, wodurch der Eindruck entsteht, es handele sich um ein selbständiges Inkasso-Unternehmen. In Wirklichkeit handelt es sich auch weiterhin um die D.I.E. GmbH. Viele Nutzer berichten uns, dass auf Kündigungen, egal in welcher Form, nicht reagiert würde. Die geforderte Kündigungsbestätigung kommt einfach nicht, oder es wird auf die AGB verwiesen, wonach nur in Schriftform oder durch ein kompliziertes Onlineformular gekündigt werden kann.
Rechtsprechung zur D.I.E. GmbH und zur Frontline Digital GmbH
Wir behalten für Sie den Überblick über die aktuelle Entwicklung in der Rechtsprechung. Oftmals lassen sich Argumente aus völlig anderen Rechtsgebieten auch auf die AGB von Flirtportalen übertragen. Hier sieht sich ein Team von Rechtsanwälten und wissenschaftlichen Mitarbeitern die Entscheidungen anderer Gerichte an und bringt die dort entwickelten Grundsätze in die aktuellen Verfahren ein. So besteht beispielsweise überhaupt kein Grund dazu, eine Kündigung aus irgendwelchen, scheinheilig wirkenden, „Sicherheitsgründen“, lediglich schriftlich zuzulassen. Eine solche AGB benachteiligt den Verbraucher unangemessen, wenn der Vertragsabschluss in wenigen Sekunden am Bildschirm erfolgen kann und die Kündigung mit unangemessen höheren Voraussetzungen verknüpft wird, entschied unter anderem das Landgericht Berlin. Der Verbraucher erwarte, dass der Vertrag ebenso einfach gekündigt werden kann, wie er geschlossen wurde. Mangels einer Vergleichsunterschrift würde zudem eine schriftliche Kündigung keine weiteren Vorteile bieten, da insofern die Authentizität von dem betroffenen Portal nicht nachgewiesen werden könnte, argumentierten die Berliner Richter. Eine missbräuchliche Kündigung dürfte wohl kaum vorkommen.
Strafrechtliche Ermittlungen im Umfeld von Flirtportale
In den vergangenen Jahren hat die Staatsanwaltschaft Köln bereits mehrfach gegen Verantwortliche mehrerer Flirt- und Datingportale ermittelt. Dabei setzen sich die Beamten mit den Anmeldevorgängen und den Allgemeinen Geschäftsbedingungen auseinander. Eine Strafbarkeit wegen Betruges scheitert regelmäßig daran, dass der Verbraucher auf die Verlängerung des Probeabos hingewiesen wird.
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